28 MANAGEMENTKOMPASS SKILLING Chefetage. Lernen und Weiterbilden werden dadurch präsente Themen im Team und sollten regelmäßig Aufmerksamkeit bekom- men. Als Führungskraft ist es essenziell, Zeit für Lernen und Weiterbilden als Bestandteil der Arbeit im Team einzuplanen und so zu priorisieren, dass ein Mangel an Zeit kein Hinderungsgrund wird. Im Dialog auf Augenhöhe werden mögliche Schritte der Weiterentwicklung und dazu passende Wei- terbildungen und Lernerfahrungen exploriert. Führungskräfte müssen als Entwicklungs- begleiter an dieser Stelle zwischen grundle- gendem Respekt und Zugewandtheit, leis- tungsbezogenem Feedback und potenzial- bezogenen Rückmeldungen unterscheiden. Operativer Ergebnis- druck und zukunftsge- richtetes Weiter bilden müssen in einer guten Balance sein. Bestenfalls sieht die Führungskraft im jeweili- gen Mitarbeitenden das individuelle Poten- zial und lässt sie oder ihn an diesem inneren Bild der möglichen Entwicklungen teilhaben. Es gibt kaum etwas Attraktiveres als eine individuelle Entwicklungsbegleitung durch eine zugewandte Person, die schon mehr in mir sieht als ich selbst. Kurz gesagt, die Führungskraft schafft Rahmenbedingungen, in denen sich Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter entfalten können, und unterstützt sie darin, sich weiterentwi- ckeln zu wollen. Systemisch innen Zum Lernen braucht es eine Kultur, in der Kolleginnen und Kollegen als Subjekte betrachtet werden und nicht als auszunut- zende Ressource, die nur das zu tun hat, was Führung von ihr möchte. Es braucht eine Kultur, in der Führungskräfte Zeit für Führung und für Entwicklungsbegleitung haben und sich fragen, was sie ihren Mitar- beitenden bieten können, damit diese sich ganz freiwillig weiterentwickeln wollen. Ler- nen, Weiterbilden und persönliche Entfaltung sollten ein explizit formulierter und gelebter Wert im Unternehmen sein. Die einzelne Führungskraft kann diesen Wert unterstützen, indem sie aktuellen operativen Ergebnis- druck und zukunftsgerichtetes Weiterbilden in einer guten Balance hält, Zeit für Lernen in der Kapazitätsplanung reserviert und Weiterbilden als Arbeit betrachtet. Sie gibt dem Wert auch dadurch (Be-)Achtung, dass sie achtsam mit Lernräumen und Bildungs- formaten umgeht und Mitarbeitende dabei nicht ständig aufgrund von Anforderungen des operativen Geschäfts unterbricht. Systemisch außen Prozesse und Rituale manifestieren Ereignisse und Gesprächsräume mit einem bestimmten Fokus im Unternehmens- und im Teamalltag. So entlasten sie die einzelne Führungskraft in deren Selbststeuerung, da diese nicht mehr an alles selbst denken muss. Wie kön- nen also Prozesse und Rituale die Entwick- lungsbegleitung durch die Führung zusätz- lich fördern? Das Unternehmen sollte allen den Zu- gang zur Weiterbildung ermöglichen. Das heißt, dass es Infrastruktur, Budget und Zeit zur Verfügung stellt. Führungskräfte brau- chen, abhängig von der Anzahl der zu füh- renden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hinreichend Zeit für Führung. Der Zeitanteil, den sie ins operative Geschäft investieren, sollte daher mit der Anzahl der unmittelbar Geführten tendenziell abnehmen. Das Unter- nehmen könnte dafür Orientierungsgrößen entwickeln und die individuellen Ziele für Führungskräfte daran ausrichten. Ein Ritual, in dem das Top-Management allen Mitarbeitenden die strategische Aus- richtung des Unternehmens mitteilt und dabei gleich auch erste Ableitungen zu den künftig gebrauchten Skills trifft, setzt das Thema auf die Agenda aller und zeigt des- sen Bedeutung. Rituale, in deren Rahmen regelmäßig über Lernen und Weiterbilden gesprochen wird, geben dem Thema auch im Teamalltag Raum. Zudem ist es hilfreich, im jährlichen Mitarbeitergespräch das Bewertungsgespräch zur Leistungsbeur- teilung vom Entwicklungsdialog zeitlich zu trennen in zwei separate Teile. So haben die Beteiligten in letzterem den Kopf frei von gegenseitigen Bewertungen. Gelebte und nicht nur geschriebene Ritu- ale der aktiven Entwicklungsbegleitung mit Gesprächen zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden — idealerweise vor, während und nach Qualifizierungen — vertiefen die Lernerfahrung, stärken die Führungsbezie- hung und zeigen den Wert des Lernens und « Weiterbildens im Unternehmen. Sebastian Mauder ist Experte für Führung, Führungsbegleitung und Kulturberatung. managementkompass@ faz-institut.de