Entscheidungsfaktoren bei der Stiftungsgründung

Worauf Stifter heute achten

Die Möglichkeiten, eine Stiftung nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, sind fast so vielfältig wie die Gründe, die zu ihrer Errichtung führen. So sind Stifterinnen und Stifter unter anderem nicht an die heimische Rechtsordnung gebunden. Wer die Frage nach einem geeigneten Stiftungsstandort stellt, hat im deutschsprachigen Raum gleich vier Optionen mit unterschiedlichen zivil- und steuerrechtlichen Voraussetzungen zur Auswahl. Doch was muss ein attraktiver Stiftungsstandort heute bieten? Die Befragungsteilnehmer, die Stifter oder Funktionsträger einer Stiftung sind, und unsere Experten in den Gesprächen sind sich über die Grundvoraussetzungen einig: Stabilität und Rechtssicherheit. Darüber hinaus hängt vieles vom Willen der Stifterin beziehungsweise des Stifters ab.

Blick von Lindau über den Bodensee in Richtung Schweiz und zu den „Drei Schwestern“ (Liechtenstein)
©Zoonar/Falke

Lindau mit Blick in Richtung Alpenrheindelta / Fürstensteig-Drei Schwestern (Liechtenstein) | ©Zoonar/Falke

Entscheidungsfaktoren bei der Stiftungsgründung

Worauf Stifter heute achten

Die Möglichkeiten eine Stiftung nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten sind fast so vielfältig wie die Gründe, die zu ihrer Errichtung führen. Stifterrinnen und Stifter sind dabei auch nicht an die heimische Rechtsordnung gebunden. Wer die Frage nach einem geeigneten Stiftungsstandort stellt, hat im deutschsprachigen Raum gleich vier Standortoptionen mit unterschiedlichen zivil- und steuerrechtlichen Voraussetzungen zur Auswahl. Doch was muss ein attraktiver Stiftungsstandort heute bieten? Die Befragungsteilnehmer, die Stifter oder Funktionsträger einer Stiftung sind, und unsere Experten in den Gesprächen sind über die Grundvoraussetzungen einig: Stabilität und Rechtsicherheit. Darüber hinaus hängt vieles vom Willen der Stifterin oder des Stifters ab.

Der Begriff Stiftung versammelt eine ganze Reihe unterschiedlicher Organisationsformen. Sie alle eint, dass ein Vermögen auf Dauer für einen festgelegten Zweck genutzt werden soll. Stiftungen werden aus den unterschiedlichsten Gründen errichtet. Es gibt Stifterinnen und Stifter, die der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen. Andere versuchen ein substanzielles Vermögen oder Familienunternehmen zu bewahren beziehungsweise möglichst konfliktfrei auf die nächste Generation zu übertragen. Egal ob eine Stiftung gemein- oder privatnützige Zwecke verfolgt, Stifterinnen und Stifter wollen durch sie etwas Bleibendes schaffen und ihre Vorstellungen verwirklichen. Dabei unterscheiden sich die Standortanforderungen gemein- und privatnütziger Stiftungen wenig.

Stifter suchen Sicherheit

„Wie wichtig sind die folgenden Standortmerkmale eines Landes bei der Entscheidung für einen Stiftungsstandort?“; Antwortkategorien „wichtig“ und „eher wichtig“ kombiniert; in Prozent der Befragten nach Land; n = 333

Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Neben Geld bringen Stiftende häufig auch großes Engagement in die Stiftung ein. Während Stiftungsvermögen und Engagement sich direkt beeinflussen lassen, sind Stiftungen auch den Rahmenbedingungen ihres Standorts unterworfen. Zivilrechtliche Anpassungen können zu neuen Anforderungen bei der möglichen Einflussnahme, der Stiftungsaufsicht oder der Organisationsverfassung führen. Das deutsche Siftungsregister mit Publizitätswirkung stellt beispielsweise bald jene Stiftungen vor Herausforderungen, deren Satzungsinhalt nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Es überrascht daher nicht, dass die überwiegende Mehrheit der befragten Stifter und Stiftungsverantwortlichen aus der DACH-Region sowohl Rechtssicherheit als auch politische und wirtschaftliche Stabilität als zentrales Auswahlkriterium bei der Wahl des Stiftungsstandorts einstuft. Die Vertreter privatnütziger Stiftungen legen dabei etwas häufiger Wert auf Rechtssicherheit, die Vertreter gemeinnütziger Stiftungen betonen dagegen häufiger die Relevanz politischer und wirtschaftlicher Stabilität.

Entgegen den Klischees: Steuern sparen steht nicht im Vordergrund

Verlässliche und funktionsfähige Strukturen sowie ein stabiles volkswirtschaftliches Umfeld bereiten das Fundament des Stiftungserfolgs. Ein Staat, der auf der Suche nach neuen Einnahmequellen regelmäßig die steuerrechtlichen Voraussetzungen modifiziert, schadet damit seiner Attraktivität als Stiftungsstandort. Die steuerliche Behandlung der Vermögensübertragung in die Stiftung und die laufende Besteuerung sind wichtige Aspekte. Jedoch sieht nur etwas mehr als ein Drittel die Besteuerung der Stiftung oder ihrer Erträge als maßgebliches Kriterium bei der Standortwahl.

„Die Besteuerung der Stiftung und der Ausschüttungen beeinflusst die Wahl des Stiftungsstandorts maßgeblich.“¹

37%

¹ Zustimmung in Prozent der Befragten nach Land; n=330
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Die Standortfrage verdient mehr Aufmerksamkeit

Die Möglichkeit Steuern zu sparen gibt seltener als früher den Ausschlag. Wer heutzutage stiftet, hat häufig eine starke Zusatzmotivation. Diese ist nötig, da sich die Stifterin oder der Stifter dafür dauerhaft vom Stiftungsvermögen trennt. Die Vermögenstrennung zugunsten der Stiftung ist eine länderübergreifende Grundvoraussetzung und die gravierendste Rechtsfolge einer Stiftungserrichtung. Daneben bieten die Stiftungsstandorte Deutschland, Schweiz, Österreich und Liechtenstein sehr unterschiedliche Voraussetzungen für Stiftungen. Die Wahl des Standorts bestimmt zum Beispiel, ob ein Stifter einer Privatstiftung als Vorstand auftreten kann oder Destinatären die Einflussnahme auf das Tagesgeschäft grundsätzlich verwehrt ist. Dennoch sieht nur etwas mehr als ein Fünftel der Befragten einen Zusammenhang zwischen dem gewählten Stiftungssitz und dem Erfolg einer Stiftungsgründung.

„Der Erfolg einer Stiftungsgründung hängt stark vom gewählten Land als Stiftungssitz ab.“¹

Gesamt: 22%
Deutschland: 19%
Schweiz: 30%
Österreich: 26%

¹ Zustimmung in Prozent der Befragten nach Land; n=330
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Entscheidungsprozess

Die Errichtung einer Stiftung ist ein permanentes und je nach Ausgestaltung komplexes Rechtsgeschäft. Die Mehrheit der Stifterinnen und Stifter lässt sich deshalb bei der Gründung fachlich beraten. Spätestens im Zuge der Beratung stellt sich dann die Standortfrage, bei der häufig kulturelle Aspekte mitentscheiden.

Eine Stiftung wird über mehrere Phasen errichtet

Obwohl eine Stiftungserrichtung ein sehr individueller Vorgang ist, folgt sie drei typischen Schritten. Stifterinnen und Stifter starten mit einer Idee, die in vielen Fällen Monate oder Jahre reift. Ist der Entschluss für die Rechtsform Stiftung gefasst, wird das Vorhaben durch Fachlektüre und Gespräche mit Beratern konkretisiert. In dieser Phase wird auch der Stifterwille ausdifferenziert. Dabei sind Grundsatzentscheidungen wie der Zweck, die Governance und die Kapitalausstattung zu treffen. Im Anschluss werden die Details der Gründung umgesetzt. Dazu gehört die Wahl der konkreten Rechtsform, die genaue Ausgestaltung der Satzung, die Nachfolgeregelung sowie steuerliche Fragen und häufig auch eine Vorabprüfung durch die Aufsichtsbehörde.

Stiftungssitz: Häufig entscheidet die Nähe zum Wohn- oder Unternehmenssitz

„Welche dieser Aspekte beeinflussen die Entscheidung über die Wahl eines Stiftungsstandorts?“¹; in Prozent der Befragten nach Land; n = 334

¹Mehrfachnennungen möglich; Darstellung ohne Antwortoptionen „Sonstige“ und „weiß nicht/keine Angabe“
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Spätestens im Zuge dieser konkreten Ausgestaltung stellt sich dann auch die Frage nach einem geeigneten Stiftungssitz, da dieser jede der genannten Detailfragen maßgeblich beeinflusst. So ist beispielsweise der Gründungsaufwand in Liechtenstein deutlich geringer, die Kosten für den laufenden Betrieb können dafür etwas höher ausfallen. Beide Aspekte spielen jedoch bei der Entscheidung über den Stiftungsstandort für nur rund ein Fünftel der Stifter eine Rolle. Stattdessen werden, mit dem Vertrauen in den Stiftungsstandort und dem persönlichen Kontakt, häufiger weiche Faktoren, die von der persönlichen Erfahrung abhängen, als Entscheidungskriterium genannt.

Am häufigsten entscheidet die Nähe zum eigenen Wohn- beziehungsweise Unternehmenssitz über die Standortwahl mit. Jeweils fast 60 Prozent der Befragten aus Deutschland und Österreich nannten dieses Kriterium. Dagegen wird es nur von etwas mehr als einem Viertel der Schweizer genannt, wo das Stiftungswesen traditionell sehr international aufgestellt ist. Die Hälfte der befragten Stifterinnen und Stifter sowie Stiftungsverantwortlichen sieht in der Verbindung zwischen Lebensmittelpunkt und Stiftungssitz sogar etwas Maßgebliches, unter Vertretern privatnütziger Stiftungen ist diese Ansicht geringer verbreitet.

„Ein Stifter sollte seine Stiftung in der Nähe seines Lebensmittelpunktes/Wohnsitzes gründen“¹

51%

¹ Zustimmung in Prozent der Befragten nach Stiftungsform; n=330
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Das Preisniveau gibt eher selten den Ausschlag

Das allgemeine Preisniveau entscheidet dagegen seltener über die Wahl des Stiftungsstandorts. Nur etwas mehr als ein Drittel stuft es als wichtig ein. Aus gutem Grund: Unabhängig davon, ob die Stiftung selbst- oder gemeinschaftsbezogenen Zwecken dient, sollte bei der Gründung Wert auf Beratungsqualität gelegt werden. Bei privatnützigen Zwecken, um den Schutz substanzieller Vermögenswerte zu garantieren. Bei gemeinnützigen Zwecken, um die volle philanthropische Kraft der Stiftung dauerhaft zu gewährleisten. Dies gelingt gerade bei komplexeren Stiftungsvorhaben nur durch die Einbindung mehrerer Experten.

„Wie wichtig sind die folgenden Standortmerkmale eines Landes bei der Entscheidung für einen Stiftungsstandort?“; in Prozent der Befragten; n = 333

Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Am Thema Nachhaltigkeit kommt künftig kein Standort mehr vorbei

Nachhaltigkeit ist bereits jetzt eine der Triebfedern des modernen Stiftungswesens. Ihre Bedeutung wird innerhalb der nächsten Jahre nochmals zunehmen, da sind sich fast 60 Prozent der Befragten einig. In der österreichischen Stiftungswelt spielt Nachhaltigkeit allerdings eine untergeordnete Rolle. Das liegt einerseits an der geringen Zahl gemeinnütziger Stiftungen. Andererseits wird die österreichische Privatstiftung häufig nur noch zum Erhalt großer Familienvermögen eingesetzt, in diesen Fällen spielt Nachhaltigkeit offenbar seltener eine Rolle. Der generelle Bedeutungszuwachs wird die Stiftungswelt auf mehreren Ebenen verändern. Einerseits wird die Zahl der auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Stiftungszwecke deutlich zunehmen. Andererseits werden Stiftungsvermögen künftig häufiger ESG-konform investiert oder sogenannte Impact-Investments getätigt. Daneben wird auch der ökologische Fußabdruck einer Stiftung immer wichtiger, ungeachtet ihres eigentlichen Zwecks. Zukunftsfähige Stiftungsstandorte müssen hier Antworten und Lösungen bereithalten.

„Nachhaltiges Handeln wird auch für Stiftungen immer wichtiger.“¹

57%

¹ Zustimmung in Prozent der Befragten nach Land; n=330
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Stifterinnen und Stifter sind gut informiert

„Welche Quellen nutzen Sie, um sich über die Standortbedingungen für eine Stiftung zu informieren?“¹; in Prozent der Befragten nach Gründungshintergrund; n = 330

¹Mehrfachnennungen möglich; Darstellung ohne Antwortoptionen „Sonstige“ und „weiß nicht/keine Angabe“
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Obwohl in vielen Fällen professionelle Unterstützung unabdingbar ist, informieren sich viele Stifterinnen und Stifter über die Bedingungen potenzieller Standorte umfassend selbst. Häufig treibt die Nutzung von Fachmedien oder der informelle Austausch die Entscheidungsfindung maßgeblich voran und wird dann im Rahmen der professionellen Beratung von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Anwälten konkretisiert. Für Stifterinnen und Stifter hat hier ihr informelles Netzwerk die größte Bedeutung. Stiftungsverantwortliche, die bereits an einer Gründung beteiligt waren, nutzen noch häufiger Fachmedien, um die Bedingungen verschiedener Standorte zu vergleichen.

Unabhängig davon, welche der hier verglichenen Standorte zur Wahl stehen, Stifterinnen und Stifter sowie Stiftungsverantwortliche können auf eine breite Informationsbasis zurückgreifen. Die Befragten, die dazu eine Auskunft geben konnten, bewerteten die Informationslage aller Länder mehrheitlich als gut oder sehr gut. Über den Stiftungsstandort Liechtenstein wurde dieses Urteil von den Kennern am häufigsten gefällt, Österreich fällt in dieser Hinsicht etwas ab.

Das Informationsangebot im DACH-Raum für Stiftungsgründungen ist gut, sagen für …

Liechtenstein: 88%
Deutschland: 83%
Schweiz: 81%
Österreich: 61%

„Wie bewerten Sie die Informationslage über die Standortbedingungen dieser Länder?“; Antwortkategorien „sehr gut“ und „gut“ kombiniert; in Prozent der Befragten, die sich bereits mit dem jeweiligen Standort beschäftigt haben; n = 90 / 256 / 67 / 73

Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Dominique_Jakob
©privat

Expertengespräch

Professor Dr. Dominique Jakob ist sich sicher: An Standorten, die die richtige Mischung aus Freiheitlichkeit und Governance anbieten, wird das Stiftungswesen künftig gedeihen und blühen. Im Interview schildert der Ordinarius für Privatrecht und Leiter des Zentrums für Stiftungsrecht an der Universität Zürich, worauf Stifter bei der Errichtung achten müssen und worin sich die Standorte Deutschland, Schweiz und Liechtenstein voneinander unterscheiden.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Den rechtlichen Rahmenbedingungen kommt bei der Standortwahl eine große Bedeutung zu. Die zivilrechtlichen Voraussetzungen in Form von Stiftungs- und Stifterrecht unterscheiden sich teilweise erheblich. Für einige Stiftungsvorhaben gibt es klare Standortempfehlungen.

Rechtliche Rahmenbedingungen: unterschiedliche Voraussetzungen

„Was sind die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Auswahl eines Stiftungsstandorts?“¹; in Prozent der Befragten nach Land; n = 336 

¹Mehrfachnennungen möglich; Darstellung ohne Antwortoptionen „Sonstige“ und „weiß nicht/keine Angabe“
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Das nationale Stiftungsrecht regelt Gründungsvoraussetzungen, Struktur und Organisation sowie den Betrieb einer Stiftung. Für die Hälfte der befragten Stiftungsvertreter ist es deshalb ein wichtiges Auswahlkriterium bei der Standortwahl, wobei Stiftungsvertreter außerhalb Deutschlands die Bedeutung höher einstufen. Das Stiftungsrecht bestimmt auch die zulässigen Stiftungszwecke, also jene Ziele, für die die Stiftung gegründet wird. Klassischerweise wird hier zwischen privat- und gemeinnützigen Zwecken unterschieden. Allerdings unterstützt nicht immer jedes Stiftungsrecht beide Zwecksetzungen.

90 Prozent der rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland verfolgen gemeinnützige Zwecke. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erlauben jedoch auch eine privatnützige Zwecksetzung. Der gute Ruf des Stiftungsstandorts Schweiz beruht dagegen nur auf den Bedingungen für gemeinnützige Stiftungen. Die Schweiz beherbergt zwar viele renommierte und international tätige Stiftungen, als privatnützige Vermögensträgerin ist die schweizerische Stiftung jedoch unattraktiv. Das liechtensteinische Stiftungsrecht ist wiederum sehr flexibel und lässt eine gemeinnützige, privatnützige oder gemischte Ausgestaltung zu. Vielleicht bezeichnen auch aufgrund dieser Unterschiede fast 60 Prozent der Vertreter privater Stiftungen das Stiftungsrecht als ein wichtiges Entscheidungskriterium.

Das Steuerrecht kann abschrecken

Das Steuerrecht steckt den Rahmen für die Anreize philanthropischer Tätigkeit ab, regelt aber auch die Transparenz- und Rechenschaftspflicht und ist damit ein wichtiger Push- oder Pull-Faktor des nationalen Gesetzgebers. Für die Vertreter deutscher Stiftungen spielt es seltener eine Rolle bei der Standortwahl als für jene aus der Schweiz und vor allem aus Österreich. Das überrascht nicht, denn die Stiftungslandschaft Österreichs ist durch einen Privatstiftungsboom vor und kurz nach der Jahrtausendwende geprägt. Die meisten der dafür verantwortlichen Steuervorteile wurden jedoch inzwischen zu Ungunsten der Stiftungen modifiziert. Die Privatstiftung hat dort deshalb an Bedeutung verloren und wird vornehmlich nur noch zum Zusammenhalt großer Familienvermögen eingesetzt. Stiftungen, die gemeinnützige Zwecke verfolgen, spielten dort zahlenmäßig schon immer eine untergeordnete Rolle.

Lediglich ein Drittel der Vertreter gemeinnütziger Stiftungen stuft das Steuerrecht als wichtiges Standortmerkmal ein, unter Vertretern privatnütziger Stiftungen liegt der Anteil dagegen bei zwei Dritteln. Das überrascht nicht, denn gemeinnützige Stiftungen genießen in allen untersuchten Jurisdiktionen steuerliche Vorteile. In Österreich betrifft das die Körperschaftssteuer, in Deutschland zudem auch die Gewerbe- und Grundsteuer sowie zweckbezogene Zuwendungen der Stiftung. In der Schweiz sind gemeinnützige Stiftungen von der Kapital-, Gewinn-, Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit, in Liechtenstein fällt für gemeinnützige Stiftungen keine Ertragssteuer an, und auch Zuwendungen an Begünstigte sind steuerfrei.

Eine starke Stiftungsaufsicht ist kein Hinderungsgrund

Die Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörden entscheiden selten über die Standortwahl, nur etwas mehr als ein Viertel bezeichnet das Ausmaß der Aufsicht als wichtiges Kriterium. Unter den Vertretern deutscher Stiftungen fällt die Zustimmung am stärksten aus. Dort unterstehen sogenannte rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts der auf länderebene angesiedelten Stiftungsaufsicht, die regelmäßig die Satzungsmäßigkeit der Verwaltung und die Einhaltung des Stifterwillens prüft. In der Schweiz unterliegen Stiftungen ebenfalls der Aufsicht des Gemeinwesens, die Zuständigkeitsebene richtet sich allerdings nach Zweck- und Wirkungskreis der Stiftung. In Österreich ist die öffentliche Stiftungsaufsicht schwächer ausgestattet. Als unabhängiges Stiftungsorgan überwacht hier nur der Stiftungsprüfer regelmäßig die Zweckerfüllung. In Liechtenstein beaufsichtigt die Stiftungsaufsichtsbehörde nur gemeinnützige Stiftungen, Stiftungsbeteiligte können aber bei Gericht durch den sogenannten Erlass gebotener Anordnungen Kontrollfunktionen wahrnehmen. Alle Standorte eint, dass Privat- und zum Teil auch Familienstiftungen nur einer reduzierten beziehungsweise keiner staatlichen Kontrolle unterliegen.

Das Ausmaß externer Aufsicht ist ein wichtiger Aspekt, sagen …

26%

„Welche Aspekte des Stiftungsrechts sind für die Entscheidung über die Auswahl eines Stiftungsstandorts am wichtigsten?“; in Prozent der Befragten nach Land; n = 330

Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Stifter wollen ihre Vorstellungen verwirklichen

„Welche Aspekte des Stiftungsrechts sind für die Entscheidung über die Auswahl eines Stiftungsstandorts am wichtigsten?“¹; in Prozent der Befragten nach Land; n = 330

¹Mehrfachnennungen möglich; Darstellung ohne Antwortoptionen „Sonstige“ und „weiß nicht/keine Angabe“
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Stifterinnen und Stifter manifestieren ihren Willen in der Stiftungssatzung hauptsächlich durch den Zweck und die innere Organisation der Stiftung. Ein flexibles Stiftungsrecht hilft dabei, den Stifterwillen möglichst präzise abzubilden. Fast die Hälfte der Befragten bezeichnet diesen Aspekt als wichtiges Entscheidungskriterium. Ein Negativbeispiel für Flexibilität stellt die schweizerische Familienstiftung dar. Hier ist der individuelle Gestaltungsspielraum bei der Zwecksetzung stark eingeschränkt. Das Stiftungsvermögen darf nur zur Bestreitung der Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen verwendet werden, was sie in den meisten Fällen unattraktiv macht.

Da der Zweck und die dafür zu verfolgenden Strategien in der Satzung eher grob skizziert werden, bestimmen nach der Gründung die Gremien über deren Ausgestaltung. Um Einfluss auszuüben, bringt sich die Mehrheit der Stifterinnen und Stifter deshalb als Mitglied des Vorstands oder eines Kontroll- beziehungsweise Beratungsorgans ein. In Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein können Stiftende so umfassend Einfluss auf das Tagesgeschäft der Stiftung nehmen. In Österreich sind dagegen alle Begünstigten, das betrifft auch die Stifter selbst sowie verwandte Personen, von der Ausübung eines Vorstandsamts ausgenommen. Für immerhin ein Viertel der Stiftungsvertreter entscheidet die Notwendigkeit der Kontrollorgane beziehungsweise die Vorgaben bei der Zusammensetzung über die Standortwahl mit.

Der Schutz des Stifterwillens ist wichtig

„Welche Aspekte des Stiftungsrechts sind für die Entscheidung über die Auswahl eines Stiftungsstandorts am wichtigsten?“¹; in Prozent der Befragten nach Stiftungsform; n = 330

¹Mehrfachnennungen möglich; Darstellung ohne Antwortoptionen „Sonstige“ und „weiß nicht/keine Angabe“
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Mit Ausnahme der Verbrauchsstiftung, die nur für eine bestimmte Zeit und für den vollständigen Verbrauch des Stiftungsvermögens errichtet wird, sind alle anderen Stiftungsformen auf Dauer ausgelegt. Den Stifterinnen und Stiftern werden im Zuge der Errichtung deshalb umfassende Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt, um die Vorgaben in eine Satzung zu überführen, die den Stifterwillen dauerhaft gewährleistet. Nach der Anerkennung der Stiftung ist der Wille des Stifters in Gestalt des Stiftungszwecks festgelegt und bindend. Zum Schutz des ursprünglichen Stifterwillens sind Änderungen an allen verglichenen Standorten nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich, auch wenn sich der Wille des Stifters oder der Stifterin im Nachgang verändert. Für fast die Hälfte der Befragten stellen diese Schutzinstrumente ein wichtiges Standortmerkmal dar, dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine privat- oder gemeinnützige Stiftung handelt. Im Gegensatz dazu spielen nachträgliche Gestaltungsmöglichkeiten und Eingriffsrechte des Stifters für die Vertreter privatnütziger Stiftungen eine größere Rolle als für jene aus dem gemeinnützigen Bereich.

Ändert sich der Stifterwille im Nachgang der Errichtung, bieten die hier verglichenen Jurisdiktionen unterschiedliche Möglichkeiten. In Deutschland sind nachträgliche Satzungs-, Zweck- und Grundlagenänderungen nur im Einklang mit dem Stifterwillen und nur mit Genehmigung der Stiftungsbehörde möglich. Das Schweizer Stiftungsrecht bietet Stiftern die Möglichkeit der Zweckänderung, sofern die Stiftungsurkunde einen entsprechenden Vorbehalt enthält. Dieser Vorgang ist erstmals nach zehn Jahren ab Errichtung und mindestens zehn Jahre nach der letzten Änderung möglich. Österreich bietet hier mehr Freiheit: Stiftende können sich das Recht vorbehalten, die Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde frei abzuändern, und sich zudem ein freies Widerrufsrecht einräumen. In Liechtenstein können Stifter sich ebenfalls uneingeschränkte Widerrufs- und Änderungsrechte vorbehalten. Derart umfassende Rechte lösen jedoch oft Zweifel an der dauerhaften Vermögenstrennung aus, was vielerorts steuerrechtlich negative Konsequenzen und weitere Nachteile nach sich zieht.

Expertengespräch

In der Möglichkeit Steuern zu sparen sieht Dr. Patriz Ergenzinger nur selten den entscheidenden Anreiz für eine Stiftungserrichtung. Im Interview erläutert der Partner im Bereich Private Client Services und Familienunternehmen bei Ernst & Young, worauf bei einer Familienstiftung zu achten ist, was einen guten Finanzplatz auszeichnet und welche steuerrechtlichen Voraussetzungen an den Standorten Deutschland, Österreich und Liechtenstein gegeben sind.

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©EY

Finanzplatz

Mit den Erträgen des zur Verfügung gestellten Kapitals erfüllt die Stiftung ihre Aufgaben. In Anbetracht des besonderen Anlagehorizonts spielt der Finanzplatz gerade für jene Stiftungen eine wichtige Rolle, die kein eigenes Personal zur Verwaltung des Stiftungsvermögens einsetzen können.

Der Ruf des Finanzplatzes entscheidet mit

Stiftungen benötigen einen Vermögensgrundstock, um mit den Erträgen die jährlichen Kosten zu decken und den Zweck zu verwirklichen. In Liechtenstein liegt das geforderte Mindestkapital beispielsweise bei 30.000 Euro, in Deutschland fordern die Aufsichtsbehörden teilweise deutlich mehr. Abseits dieses Grundstocks kann der Stifter oder die Stifterin in allen Jurisdiktionen frei über die Vermögensverwaltung und die Anlagerichtlinien entscheiden und dies in der Satzung auch verankern. Zur Steuerung der Risikoverteilung und Substanzerhaltung empfiehlt es sich jedoch, professionelle Verwaltungsstrukturen aus Wirtschaftsprüfern, Anwälten und Steuerprüfern einzubinden. Für drei Fünftel der befragten Stifter und Verantwortungsträger nimmt deshalb auch der Ruf des Finanzplatzes eine wichtige Rolle bei der Wahl des Stiftungsstandortes ein.

„Wie wichtig sind die folgenden Standortmerkmale eines Landes bei der Entscheidung für einen Stiftungsstandort?“; in Prozent der Befragten; n = 333

Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Finanzplatz: Sicherheit und Stabilität

„Wie wichtig sind die folgenden Standortmerkmale eines Finanzplatzes bei der Entscheidung für einen Stiftungsstandort?“; Antwortkategorien „wichtig“ und „eher wichtig“ kombiniert; in Prozent der Befragten nach Land; n = 332

Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Die meisten Stiftungsportfolien werden von Aktien, Immobilien, Anleihen und Fonds geprägt. Vermutlich hat sich die Bedeutung von Aktien und ihr Anteil im Portfolio zuletzt stark erhöht, da zuvor sichere Erträge, zum Beispiel durch Investmentgrade-Anleihen, gesunken sind und durch Inflation zusätzlich geschmälert werden. Für den dauerhaften Anlagehorizont von Stiftungen spielen Verlässlichkeit und Stabilität jedoch eine besondere Rolle. Vielleicht attestieren auch deshalb fast 60 Prozent der Befragten der Überwachung des Finanzplatzes und seiner Akteure eine besondere Bedeutung bei der Standortwahl.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die internationale Anerkennung und Vernetzung des Finanzplatzes. Gerade die Stiftungsvertreter der stark international geprägten Schweiz betonen dies mehrheitlich. Ein wesentliches Element internationaler Handlungsfähigkeit ist ein großes Netz an Doppelbesteuerungsabkommen sowie die Umsetzung internationaler Standards wie beispielsweise der sogenannten OECD Pillar 2-Verordnung zur globalen Mindestbesteuerung von Unternehmensgruppen.

Treuhänder: Hohe Expertise notwendig

Ist ein Treuhänder in der Stiftungskonstruktion involviert, stellt sich für den Stifter oder die Stifterin eine Reihe wichtiger Fragen. Es sollte genau festgelegt werden, welche Leistungen der Treuhänder erbringt, ob der Stifter dennoch an der Stiftungsarbeit mitwirkt und welche Kontrollmechanismen er sich einräumt. Daneben spielt auch das Vertrauen in den Treuhänder und seine Verwaltungsleistung eine entscheidende Rolle. Mehr als drei Fünftel der befragten Stifter stufen deshalb die Fachkompetenz und Ausbildung der Treuhänder als wichtiges Standortmerkmal ein, unter Vertretern privatnütziger Stiftungen liegt der Anteil sogar noch höher.

Eine hohe Fachkompetenz/Ausbildung der Treuhänder ist wichtig, sagen …

62%

„Wie wichtig sind die folgenden Standortmerkmale eines Landes bei der Entscheidung für einen Stiftungsstandort?“; Antwortkategorien „wichtig“ und „eher wichtig“ kombiniert; in Prozent der Befragten nach Stiftungsform; n = 333

Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Erfahrung und Zuverlässigkeit bevorzugt

„Welche Kompetenzen muss ein Finanzdienstleister für Stiftungen bieten?“¹; in Prozent der Befragten nach Land; n = 332

¹Mehrfachnennungen möglich; Darstellung ohne Antwortoptionen „Sonstige“ und „weiß nicht/keine Angabe“
Quellen: Liechtenstein Finance; Die Stiftung/F.A.Z. Business Media | research

Stiftungen haben mitunter besondere Anforderungen, was das Rendite-Risiko-Profil oder ihre Asset Allocation angeht. Viele Organisationen betreuen deshalb spezialisierte Finanzdienstleister mit dieser Aufgabe. Je nach Art und Umfang der Vorgaben müssen dabei möglicherweise auch spezielle Anlagerichtlinien oder -klassen berücksichtigt werden. Hinzu kommt der eher langfristige Anlagehorizont vieler Stiftungen. Dies erfordert in vielen Fällen eine maßgeschneiderte Anlagestrategie. Wahrscheinlich stuft die überwiegende Mehrheit der Befragten deshalb auch die Erfahrung des Vermögensverwalters als wichtige Kompetenz eines Finanzdienstleisters ein.

Fast ebenso häufig wird die persönliche Betreuung durch den Finanzdienstleister genannt, ohne die eine speziell abgestimmte Anlagestrategie kaum möglich sein wird. Für 80 Prozent der gemeinnützigen, aber nur für 47 Prozent privatnütziger Stiftungen ist dieser Aspekt von Bedeutung. An dieser Stelle zeigt sich zudem erneut, welche Rolle die Nachhaltigkeit im Stiftungswesen bereits spielt und zukünftig spielen wird. Bereits die Hälfte der Stifterinnen und Stifter beziehungsweise der Stiftungsverantwortlichen betont, dass der fachkundige Umgang mit nachhaltigen Anlageformen eine wichtige Kompetenz für Finanzdienstleister ist. 

Thomas Zwiefelhofer
©Michael Zanghellini

Expertengespräch

Stabilität und Privatautonomie sind für Dr. Thomas Zwiefelhofer die Erfolgsfaktoren des Stiftungsstandorts Liechtenstein. Im Interview ordnet das Mitglied der Gruppenleitung der First Advisory Group und der Präsident der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts (VLGST) die Ergebnisse der Onlinebefragung unter Stiftern und Stiftungsverantwortlichen aus liechtensteinischer Perspektive ein. Außerdem bezieht er Stellung zu den Aussagen der Stiftungsexperten Professor Dr. Dominique Jakob und Dr. Patriz Ergenzinger und erklärt die Besonderheiten der liechtensteinischen Stiftungslandschaft.

Expertengespräch

Die einst so günstigen Voraussetzungen für Privatstiftungen in Österreich existieren heute nicht mehr. Im Interview erläutern Elisabeth Stichmann und Dr. Dimitar Hristov, beide Partner bei DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte, für welchen Zweck sich die österreichische Privatstiftung weiterhin eignet und wie es um Österreichs Stiftungslandschaft bestellt ist.

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©Walther Sieberer

Kontakt

Liechtenstein Finance e.V. ist ein privatrechtlich organisierter Verein, dessen Mitglieder die Regierung des Fürstentums Liechtenstein und die liechtensteinischen Finanzplatzverbände sind. Zweck des Vereins ist es, das Profil des liechtensteinischen Finanzplatzes im In- und Ausland durch Informationsarbeit zu den Besonderheiten und Stärken des Standortes zu schärfen.

Ansprechpartnerin: Nicole Bays
E-Mail nicole.bays@finance.li
Tel.  +423 239 63 20
Webseite: www.finance.li

Ansprechpartnerin: Tanja Muster
E-Mail tanja.muster@finance.li
Tel.  +423 239 63 20
Webseite: www.finance.li

Redaktion:
Thilo Kampffmeyer (F.A.Z. BUSINESS MEDIA | research)